Aufrecht stehen gegen Hass und Ausgrenzung

Schüler*innenkongress der Barbara–Schadeberg-Stiftung

Aufrecht stehen gegen Hass und Ausgrenzung

Nicht wie geplant in Bad Hersfeld, sondern digital aus dem heimischen Klassenzimmer heraus konnte ein Teil der SV am Schülerkongress der Barbara-Schadeberg-Stiftung teilnehmen. Dieser stand unter dem Motto „Aufrecht stehen gegen Hass und Ausgrenzung“. Teilgenommen haben Schulen aus Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz.

Nach der Begrüßung durch Herrn Trust, den Geschäftsführer der Stiftung, und einer Einstimmung von Herrn Jürgen Junker, der die Veranstaltung organisierte, fand zunächst ein Workshop mit Mirjam Elomda statt. Sie engagiert sich stark in der Black Lives matter -Bewegung und berichtet von ihrem persönlichen Einsatz für eine gerechtere Welt. Neben interaktiven Momenten las sie Textstellen aus Tupoka Ogettes Buch „Exit Racism – rassismuskritisch denken lernen“ vor, zeigte Videosequenzen und regte damit zum Austausch an: Was ist Rassismus überhaupt? Welche Eigen- und Fremdbezeichnung verwenden wir – was lösen wir damit aus? Wann ist Sprache (un)sensibel?

Nach einer kurzen Mittagspause folgte eine Podiumsdiskussion zur „Hate speech“, angeleitet von einer Schülergruppe vom Laurentius-Gymnasium Neuendettelsau. In dieser wurde deutlich, dass die Gewalt im Netz in Deutschland in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen habe. Als ein Grund dafür wurde das Gefühl der Anonymität genannt: Die Vorstellung, das Internet sei ein rechtsfreier Raum, sei vielen sehr präsent. Aber auch die fehlende Hemmschwelle, da sein Gegenüber nicht persönlich vor einem sitzt, führe häufig zu rassistischen Äußerungen. Auf die Frage der Schüler und Schülerinnen, wie man sich verhalten soll, wenn man persönlich angegriffen werde, konnten die Teilnehmenden mehrere Tipps geben. Alle betonten, dass es wichtig sei, dies auf keinen Fall zu ignorieren, sich davon einschüchtern zu lassen oder sich zurückzuziehen, sondern sich stattdessen eine Beratung (z.B. hateaid, response) zu suchen und dies melden. Je nach Bedrohungslage sollte auch die Polizei miteinbezogen werden. Franz Zobel von ezra betonte, dass er es für sinnvoll halte, eine Anzeige zu machen, auch wenn seiner Erfahrung nach oftmals die Konsequenzen ausbleiben und sich die Prozesse über Jahre hinziehen und die Urteile vergleichsweise milde ausfallen. Daher fordere er auch die Polizei, Politik und Justiz auf, sich mehr auf rassistische Gewalttaten zu fokussieren, auch wenn die Schwierigkeit der Nachverfolgung sehr groß sei.

Auf die Frage unserer SV, wie man konkret präventiv an Schulen vorgehen könnte, stellten die Diskutierenden folgende Maßnahmen in den Vordergrund: Das aufgetretene Problem nicht kleinreden, sich auf die Seite der Betroffenen stellen und eine Ansprechperson zur Verfügung stellen, die am besten eigene Rassismuserfahrungen hat, und vor allem die Medienkompetenz stärken, damit die Schüler und Schülerinnen in der Lage sind, differenziert eine verlässliche Quelle erkennen zu können und nicht auf Fake-News hereinfallen. Nicht zuletzt stellt das eigene Engagement einen wichtigen Punkt dar, um Hasskommentare im Netz nicht hinzunehmen und sich zu wehren.

Es folgte eine Präsentation der Fotografin Alea Horst zum Thema „Seenotrettung – Flüchtenden Menschen in Not helfen“. Ursprünglich als Hochzeitsfotografin erfolgreich, entschloss sie sich, 2015 auf Lesbos den Flüchtenden zu helfen. Um zu zeigen, wie schlimm die Situation vor Ort ist, schoss sie Fotos und verewigte so ihre Eindrücke. Seitdem bereist sie viele Krisengebiete weltweit – so beispielsweise auch das weltweit größte Flüchtlingslager in Bangladesh mit über 1 Million Menschen – und dokumentiert die Lebensumstände von Flüchtenden. Sie ist dabei nicht nur an den individuellen Schicksalen der flüchtenden Menschen interessiert, sondern auch, wie das jeweilige Land mit diesen umgeht. Sie kritisierte die oftmals große Oberflächlichkeit bei der medialen Berichterstattung und wünscht sich von der jüngeren Generation, hinzuschauen und sich für eine humanitäre Welt einzusetzen, in der Menschenrechte für alle gelten.

„Man lässt keine Menschen ertrinken. Punkt.“ Dies hat sich das Aktionsbündnis united4rescue als Motto gesetzt, über das Pfarrer Nikodemus abschließend referierte. Als Zeichen der Menschlichkeit wurde ein Schiff ersteigert und so repariert, dass es nun als Rettungsschiff auf dem Mittelmeer fungiert. Konkret stellte er vier Forderungen an die Politik: Ermöglichung von Seenotrettung, diese nicht zu kriminalisieren, faire Asylverfahren und sicher Häfen.

Am Freitag stellte sich die wahrscheinlich prominenteste Teilnehmerin, die Moderatorin, Schauspielerin und Autorin Mo Asumang, den Fragen der Schülerinnen und Schüler. Im Gespräch bekräftigte sie, wie wichtig es sei, sich von Rassismus nicht provozieren oder einschüchtern zu lassen. Besonders bemerkenswert und einprägsam waren dabei Szenen aus ihrem Film, die sie im Gespräch mit Neonazis oder Ku-Klux-Klan-Mitgliedern zeigte. „Erst zuhören, um sich ein eigenes Urteil bilden zu können“ betonte sie dabei immer wieder. Auch auf die Schwierigkeiten, mit denen sich Menschen auseinandersetzen müssen, wenn sie den Ausstieg aus solchen extremistischen Gruppen schaffen, machte sie aufmerksam.

Den Schlusspunkt übernahm dann das Team des EvGBM. Carina, Amelie (beide MSS11) und Giuseppe (8.Klasse) hatten eine Podiumsdiskussion zum Thema „engagiert – resigniert: Erfahrungen politisch aktiver Menschen“ vorbereitet. Teilnehmer waren neben Dr. Andreas Hollstein, der sich als Bürgermeister von Altona aktiv für die Flüchtlingshilfe einsetzt und 2017 ein Attentat überlebte, Hulda Kalhorn, die als jüngste Abgeordnete in der Greifswalder Bürgerschaft aktiv ist, und Maurice Conrad, Spitzenkandidat für die Klimaliste RLP. Spontan zugeschaltet wurden auch noch zwei Aktivistinnen aus dem Danneröder Forst sowie Hibba Kauser, ehemalige Stadtschülersprecherin von Offenbach und frisch in die Stadtverordnetenversammlung von Offenbach gewählt.

Unterstützt vom Schülersprecherteam Joshua, Pia und Natalie, die die eingehenden Fragen der anderen Teilnehmenden bündelten, fand unter der Moderation der drei so ein interessanter Austausch vor allem darüber statt, wie man sich trotz viele Widerstände nicht entmutigen lassen und für seine Werte und Überzeugungen einstehen sollte. „Wir haben die Menschen und die Power dazu“, sagte beispielsweise Hibba Kauser. Hulda Kahlhorn betonte, dass Enthusiasmus nötig sei, Engagement sich aber immer lohnen würde. Nach diesen ermunternden und motivierenden Abschlussplädoyers endete der Kongress.

Intensiv und informativ – das war schließlich das Fazit der teilnehmenden Schülergruppe des EvGBM.