Schülerprodukte Ovids Metamorphosen: Pyramus und Thisbe

Schülerprodukte Ovids Metamorphosen: Pyramus und Thisbe 

Romeo und Julia? Die kennt jeder! Doch dass diese tragische Liebesgeschichte nicht erst seit Shakespeare bekannt ist, beweist ein Blick auf die lateinische Literaturgeschichte. So hat bereits der Dichter Ovid in seinen Metamorphosen die unglücklich endende Liebesgeschichte zwischen Pyramus und Thisbe aufgegriffen. Im Lateinleistungs/-grundkurs beschäftigten sich die Schüler und Schülerinnen u.a. mit dieser Episode. Anhand der folgenden Schülertexte wird deutlich, dass es im Lateinunterricht nicht nur ums Übersetzen von Originaltexten geht, sondern auch um die Beschäftigung mit Themen, die heute noch aktuell sind.  

Innere Monolog

Heute war es also so weit. Hoffentlich klappt alles wie geplant. Wie das Leben außerhalb der Mauern wohl sein mag? Ich kann es kaum noch erwarten. Den ganzen Tag schon fühle ich mich, als würden mir Ameisen über die Haut laufen, so aufgeregt bin ich bei dem Gedanken daran, endlich mit meinem Pyramus zusammenleben zu können. Kaum zu glauben, dass gestern das letzte Mal war, dass wir uns an unserer Stelle getroffen haben. Diese war zwar nur ein Riss in der Wand, aber so kam mein Herz, welches sich immerzu nur nach Pyramus verzerrt, wenigstens ein bisschen zur Ruhe, wenn ich seine sanfte Stimme hören konnte. Ach, mein Pyramus. Sobald ich an ihn denke, lösen sich all meine Bedenken und ich werde von Vorfreude erfüllt. Nicht mehr lange und ich kann ihm endlich in den Armen liegen.   Die rötliche Färbung des Himmels, die die Dächer Babylons wie ein Schleier überzieht, gibt einen letzten Hinweis auf die hinter den Mauern versunkene Sonne. Nachdenklich streiche ich mit meinen Fingern über die weiche Oberfläche des Tuches und befestige es mit Nadeln in meinem Haar, sodass mein Gesicht nur noch zu erahnen ist. Kurz halte ich inne und lausche. Langsam verlasse ich mein Zimmer. Doch außer meinem Herzschlag, den ich so deutlich höre, dass ich Angst habe, er könnte mich verraten, ist nichts zu hören. Kurz vor der Tür begegne ich einer unserer Wachen, jedoch nicke ich diesem nur kurz zu und lasse meine Haare zusätzlich in mein Gesicht fallen, damit er keinen näheren Blick auf mich erhaschen kann. Kaum fällt die schwere Tür ins Schloss, empfängt mich die Kühle der Nacht, die mir sofort einen Schauer über den Rücken laufen lässt. Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Nicht das ich zurück wollte. Klar, meine Mutter werde ich schon vermissen und ich bin gespannt, wie die Zukunft aussehen wird, aber ich kann es einfach nicht mehr ertragen, von meiner Liebe Pyramus getrennt zu sein. Schnellen Schrittes husche ich in Gedanken bei Pyramus durch die Gassen der Stadt und erreiche schon bald unseren ausgemachten Treffpunkt. Völlig außer Atem lehne ich mich an den Baum und warte darauf, dass mein Herzschlag zur Ruhe kommt. Ob Pyramus gleich da ist? Er -knackst-…. Was war das? Pyramus? Schnell bin ich wieder auf den Füßen und sehe mich nach der Ursache für das Geräusch um. Es dauert eine kurze Zeit, da man im Schein des Mondes nicht viel erkennen kann, doch als ich sehe, dass die Kreatur, die dort ganz in der Nähe herumschleicht, eine Löwin ist, überkommt mich Panik. Ist das Blut? Oh bei den Göttern, könnte es sein, dass Pyramus vor mir hier war und es sich bei den Mengen an Blut um PYRAMUS´ BLUT handelt? Nein, das kann nicht sein, das darf nicht sein! Wir wollten doch heiraten und zusammen glücklich sein! Erst durch die zielstrebige Bewegung der Löwin auf mich zu löse ich mich aus meiner Starre. Und ab da renne ich. Als ich das Gefühl habe, nicht mehr verfolgt zu werden, bin ich gerade dabei, ein paar Felsen hochzuklettern. Meine Füße tun weh, meine Beine sind von Schrammen übersät und meine Hände sind mittlerweile dreckig und verwundet, doch ich denke gar nicht daran, stehen zu bleiben. Nicht, solange die Löwin noch hier herumstreicht. Mein liebster Pyramus, ich hoffe aus tiefstem Herzen, dass du wohl auf bist…

 

Tagebucheintrag

Liebes Tagebuch,  morgen ist es soweit, Thisbe und ich fliehen. Wir beide gemeinsam, damit wir ohne Probleme unsere Beziehung weiterführen können. Sie ist meine große Liebe und nichts wird uns trennen. Wir haben es perfekt geplant, sodass wir uns nicht verlieren können. Thisbe und ich treffen uns am Grab des Ninus. Ein perfekter Ort für unsere ersten Berührungen, ersten Küsse und unsere erste gemeinsame Nacht. Es wird der beste Tag meines Lebens, endlich kann ich sie in die Arme nehmen. Und ab dann wird sich mein Leben ändern. Diese Flucht ist das Wichtigste zur Zeit, ich muss mit ihr zusammensein. Aber ich habe auch Angst, dass es nicht funktioniert. Das wäre mein Grab. Wenn diese Flucht scheitert, dann will ich nicht mehr. Ich kann dann nicht mehr. Das wäre das Schlimmste, was passieren könnte. Aber ich darf meine Angst nicht Überhand nehmen lassen. Ich muss es versuchen. Wir müssen es versuchen. Und wir schaffen das.

 

Tagebucheintrag

Liebes Tagebuch, 

morgen ist es endlich soweit. Pyramus und ich werden uns treffen, wir werden uns ansehen und berühren können. So lange habe ich schon auf diesen Tag gewartet… Ich könnte nicht glücklicher sein! Wir haben uns den perfekten Plan ausgedacht. Zuerst werden wir uns aus unseren Häusern schleichen und danach aus der Stadt laufen, damit wir nicht erwischt werden. Als Treffpunkt haben wir das Grab des Ninus vereinbart. In der Nacht wird niemand dort sein und wir können uns optimal im Schatten des großen Baumes verstecken. Aber ich habe auch Angst, dass etwas schieflaufen könnte… Was wenn einer von uns von den Wachen erwischt wird? Oder wenn mich jemand in der Stadt erkennt? Ich werde wohl ein Tuch mitnehmen müsse, um mein Gesicht zu verdecken. Vielleicht passiert uns etwas auf dem Weg zum Grabmal. Niemand wüsste, wo wir sind und keiner könnte uns helfen. Nein, ich darf nicht so negativ sein, ich muss jetzt positiv denken und daran glauben, dass unser Plan funktioniert. Ich freue mich schon so sehr auf Pyramus, ich kann es gar nicht mehr abwarten, ihn zu sehen. Ich werde mich jetzt noch auf meine Flucht vorbereiten und überlegen, wie ich an den Wachen vorbeikomme, damit alles gut wird. 

Gute Nacht und bis morgen 

 

“Innerer