Hochkarätige Debatte am EvGBM
Vertreter der SPD, Grüne und AFD besuchen das EvGBM
Im November finden die Schulbesuche des Landtages in Rheinland-Pfalz statt. Die Besuchstage werden immer rund um den 09. November gelegt, ein wichtiger – vielleicht sogar der bedeutendste Tag – der Deutschen Geschichte. An kaum einem anderen Tag liegen die strahlenden Momente der nationalen Geschichte (Ausrufung der ersten gesamtdeutschen Republik 1918 und der Fall der Berliner 1989) so nahe an Ereignissen, die uns die Schrecken der eigenen Geschichte vor Augen führen (Hitlerputsch 1923 und Novemberpogrome 1938). Wegen dieser Dualität des Tages wurde dieser „Schicksalstag“ Deutschland in der Bundesrepublik auch zum „Demokratietag“ ernannt.
Am 18.11. fanden sich nun Vertreter unserer Demokratie in der Mensa unserer Schule ein, um sich den Fragen von und der Auseinandersetzung mit den Schüler*innen der gymnasialen Oberstufe zu stellen. Für die SPD kam Landtagspräsident Hendrik Hering, für das Bündnis 90 / Die Grünen erschien Carl-Bernhard von Heusinger (Stv. Fraktionsvorsitzender) und die AFD schickte ihren Fraktionsvorsitzenden, Dr. Jan Bollinger. Die Vertreterin der CDU hatte leider terminliche Konflikte; FDP und Freie Wähler hatten leider nicht für die Debatte gewonnen werden können.
Unter der Moderation der beiden Sozialkunde-Leistungskursschüler*innen, Emma Lucke und Guiseppe Guzzo, konnten die Schüler*innen der MSS die drei Parteivertreter zu landes- und bundespolitischen Themen befragen. Eingehegt wurde die Veranstaltung durch ein ausgeklügeltes System von Regeln, dass gleichmäßig verteilte Redezeit garantierte und den respektvollen Umgang miteinander sicherte.
Die Schüler*innen begannen die Debatte mit einem frustrierenden Thema im ländlichen Raum: dem ÖPNV und der Zukunft des 49€-Tickets. Während SPD und Grüne (beide Parteien auf Landesebene Teil der Ampel-Regierung) das Angebot weiter ausbauen wollten und auch den positiven Effekt für das Klima in den Vordergrund stellten, zweifelte Bollinger den Nutzen des 49€ Tickets an, betonte die individuelle Freiheit durch das eigene KFZ und kritisierte das Verbrennerverbot, welches auf EU-Ebene beschlossen worden war.
Bereits beim nächsten Thema wurde es noch kontroverser: Nachdem 2024 endlich die sog. „Fassfabrik“ in Hachenburg (Schauplatz rechtsextremer Veranstaltungen und bis März bzw. September 2024 Geschäftsstelle der AFD) geschlossen wurde, wurden auch in der Region vermehrt Stimmen laut, die ein Parteiverbot der AFD fordern. Heusinger sprach sich klar für ein Parteiverbot aus und betonte, dass die Verbindung von AFD und Rechtsextremismus kein Zufall sei; vielmehr ist die „AFD Teil davon“. Vehement sprach er sich gegen eine Gesellschaft der „Ausgrenzung und der Ablehnung“ aus.
Bollinger bestritt eine Verbindung von AFD und Rechtsextremismus und betonte „Rechts ist genauso legitim wie links.“ Hering widersprach und erinnerte an diverse führende Vertreter der AFD, die wegen Radikalisierung der Partei ausgetreten waren.
An dieser Stelle der Diskussion konnte das Team der Fakten-Checker (Sozialkunde-Leistungskursschüler*innen unter der Führung von Schulleiter Dirk Weigand) einen wichtigen Betrag leisten und klarstellen, dass mehr als 100 Mitglieder der AFD in RLP vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem geführt werden. Untermauert wurde die erschreckende Zahl durch eine Auswahl von zum Teil verfassungsfeindlichen Zitaten von AFD Mitgliedern.
Auch beim Thema Immigration und Integration schieden sich die Geister. Hering sah Migration und schnelle Integration als wichtiges Mittel gegen Fachkräftemangel, Bollinger hinterfragte „wer darf einwandern“ und kritisierte die „ungesteuerte“ Einwanderung. Heusinger sprach sich für mehr Integration und Förderung aus und wollte Integration als „gesamtgesellschaftliche Aufgabe“ behandelt sehen.
Da Dr. Bollinger die Veranstaltung frühzeitig verlassen musste, um noch einen Anschlusstermin wahrzunehmen, wurden die Themen „Vertrauen in die Politik“ und „Die Bedeutung Trumps für Klima, EU und Nato“ nur mit den verbleiben Vertretern besprochen.
Heusinger wünschte sich einen „neuen Stil“ der konstruktiven Zusammenarbeit in der Politik und Hering forderte eine gerechtere Verteilung für mehr Zusammenhalt in der Gesellschaft und Vertrauen in die Politik. Auch kritisierte er die „Verantwortungslosigkeit“ der FDP (im Zusammenhang mit dem Ende der Regierungskoalition auf Bundesebene).
In der Klimapolitik waren sich beide Vertreter einig, dass die zivilgesellschaftliche Zusammenarbeit mit den USA erweitert werden soll, sodass Entscheidungen der zukünftigen US-Regierung hinterfragt werden können.
Heusingers Aufruf „Europe unite!“, der die Forderung nach weniger Abhängigkeit Europas von den USA beinhaltet, passte sowohl zur Klimapolitik, als auch zur Verteidigungspolitik. Hering und Heusinger sahen hier eine Notwendigkeit für die Verteidigungsfähigkeit Europas gegen Bedrohungen von außen.
Zum Abschluss der Debatte rief Heusinger die Schüler*innen auf, sich mehr an der Demokratie zu beteiligen und Hering mahnte, dass „nur noch 28% der Menschheit“ in Demokratien leben und sich alle des „hohen Wert unseres Systems“ bewusst werden sollen.
Die Schulgemeinschaft bedankt sich herzlich bei allen Teilnehmern der Diskussion und den engagierten und interessierten Oberstufenschüler*innen für die Beteiligung an der Debatte. Der Fachschaft Sozialkunde (besonders Steffen Hammon und Tim Benner) gebührt der Dank für die Organisation der Debatte, Patrick Pieritz kümmerte sich um die reibungslose technische Umsetzung der Veranstaltung.