Bericht über die Theaterfahrten im Schuljahr 2014/15

Mehr als Kultur – Theater ist Leben

Dramen nur im Unterricht lesen? Das wird der Sache nicht gerecht! Dramen sind für die Bühne geschrieben und das macht es notwendig, diese ganz unmittelbare Form der Literatur direkt zu erleben. Theater zu erleben ist auch und vor allen Dingen auch dann möglich, wenn der dazugehörige Text nicht unbedingt im Unterricht behandelt wurde. Der Besuch von Inszenierungen ist eine optimale Ergänzung zum leselastigen Unterricht. Theater bildet und verbessert den Menschen durch die Konfrontation mit gesellschaftlichen Themen auf der Bühne. Gleichzeitig ist es natürlich auch unterhaltsam.

Aus diesen Gründen finden am Evangelischen Gymnasium regelmäßig – mindestens zweimal im Schuljahr – Theaterfahrten statt, zu Stücken, die nicht unbedingt einen direkten Bezug zum Deutschunterricht aufweisen. Das Angebot an großartigen Schauspielhäusern und Staatstheatern im Umkreis des Westerwalds ist mehr als reichlich, was die Auswahl der passenden Stücke nicht immer leicht macht. Zum Besuch gehört auch immer ein Rahmenprogramm. Dies kann eine Stadtbesichtigung sein oder theaterpädagogische Workshops zu den gesehenen Stücken direkt auf den großen Bühnen am Nachmittag vor der Aufführung. Auch Blicke hinter die Kulissen konnten den Schülerinnen und Schülern schon vielfach ermöglicht werden.

„Es gibt keine Kunstform, die so gegenwärtig ist wie das Theater. Theater ist immer jetzt!“

Den Beginn machte in diesem Schuljahr der Besuch im Hessischen Staatstheater Wiesbaden bei der „Dreigroschenoper“ des isländischen Regisseurs Thorleiffur Örn Arnasson. Das Stück nach Bertolt Brecht behandelt soziale Unterschiede und konnte mit seiner aufreibenden Inszenierung, die gespickt war von musikalischen Einschnitten und typischen Elementen des epischen Theaters die Schülerinnen und Schüler begeistern.

„Die Bühne scheint mir der Treffpunkt von Kunst und Leben zu sein.“

Oscar Wilde1854 – 1900

Später im Schuljahr besuchten dann rund 50 Schülerinnen und Schüler der MSS das Theater Bonn mit seinen Kammerspielen in Bad Godesberg. Dort wurde das Stück „Hiob“ nach dem Roman von Joseph Roth aufgeführt. Der Roman handelt von einer jüdischen Familie mit drei Kindern in Russland, die die Möglichkeit erhält ein neues Leben in den USA zu beginnen. Die Sache hat aber einen Haken: Menuchim, der jüngste Sohn der Familie, ist geistig behindert und muss zurückgelassen werden. Der streng gläubige Vater und die gesamte Familie zerbrechen letztlich an dieser Situation und der Vater stellt immer wieder die Gerechtigkeit Gottes in Frage. Das Stück in Bonn ist ergreifend inszeniert und erhält eine besondere Dramatik durch die Besetzung des Menuchims mit dem querschnittsgelähmten Samuel Koch. Der Abend war für alle Besucher eine ganz spezielle Erfahrung.

„Das Drama (auf der Bühne) ist erschöpfender als der Roman, weil wir alles sehn, wovon wir sonst nur lesen.“

Franz Kafka1883 – 1924

Im ganz kleinen Kreis wurde an einem Samstagabend dann erneut das Theater Bonn besucht. Diesmal stand das Stück „Die Nibelungen“ auf dem Programm. Die Inszenierung wurde mehrfach ausgezeichnet und bot den Schülerinnen und Schülern eine imposante und moderne Darbietung der klassischen Nibelungensage mit eindrucksvollen Effekten auf der Bühne, welche die Aussage der Sage mehr als deutlich unterstrich. Auch hier zeigte sich der isländische Regisseur Thorleiffur Örn Arnasson verantwortlich. Das hervorragende Bonner Ensemble, allen voran Hajo Tuschy als Siegfried, zeigte eine wahre Glanzleistung. Die Schülerinnen und Schüler bekamen hier ein ganz wichtiges Stück des deutschen Theaters geboten.

„Theater wird erst wirklich, wenn das Publikum innerlich mitspielt.“

Hermann Bahr1863 – 1934