Theaterfahrt nach Bonn – „WUT“

Theaterfahrt nach Bonn – „WUT“

FUREUR steht in riesigen Lettern auf der Bühne. Die bespielbaren Buchstabenräume bedeuten – WUT so wie der Titel des Theaterstücks von Elfriede Jelinek, das einige Schüler und Schülerinnen der Jg. 10-12 am Donnerstag, den 24.05.2018 im Theater der Stadt Bonn/ Bad Godesberg besuchten. „Das müssen wir erst einmal sacken lassen…“ war die Reaktion der jungen Zuschauer, die mit einer wortgewaltigen Gegenwartsanalyse konfrontiert wurden.

Vor dem Vorhang erscheint eine Szene mit dem zusammenbrechenden Paddelboot aus Jaques Tatis „Die Ferien des Monsieur Hulot“. Dazu erklingt Charles Trenets Chanson „La mehr“. Anlass der Inszenierung waren die Anschläge in Frankreich in Bezug auf die Satirezeitschrift  „Charlie Hebdo“ und das Attentat auf einen Supermarkt mit koscheren Lebensmitteln im Osten der Stadt sowie eine Anspielung auf den Algerienkrieg, dessen Folgen auf junge in Frankreich aufgewachsene Nordafrikaner. Auf verschiedensten Bedeutungsebenen entwickelt sich ein vielstimmiger Wutchor, indem die Autorin nach dem Grund für eine solch zerstörerische Wut fragt. Die kurz aufeinanderfolgenden Szenen erforderten eine besonders flexible künstlerische Leistung der Darsteller mit expressiver Körpersprache. Die blinde Wut islamischer Terroristen geht über in Stimmen deutscher Wutbürger, die ihre Wut an einem Schrottauto auslassen, Dealer, Populisten, Neonazis, Hooligans. Die Wut der Autorin selbst mischt sich ein – mit Jelinek- Frisur und grauem Pelzmantel – die Wut auf die eigene Ohnmacht, dass im Schreiben das Unbeschreibliche schwer zu fassen ist. Auch wie die Gesellschaft selbst damit umgeht, wie sie sich ausschließen, einzelne ausgeschlossen werden wird zum Thema gemacht. Jeder kann sich irgendwo wiederfinden, seine eigene Sprache erkennen und jeder ist letztendlich vom Blut befleckt, was trotz enormer Anstrengungen in den riesigen weißen Lettern nicht wegzuwischen ist. Die Ebenen mischen sich zu einem Wut- Gewitter über Götter, trotziger Anklage und Gottes- Gericht-auch griechische Mythen werden angedeutet.

Aktuelle Kritik am Konsumieren von Bilder und Videos, das permanente Filmen und Erstellen von Selfis wird geschickt eingebunden und Teil des Bühnenbildes.

Die Funktionsbeschreibung einer Maschinenpistole wird zum zynischen Kabinettstück, Theaterblut spritzt reichlich und Maschinengewehrgeräusche hinterlassen ein beklemmende Gefühl in der Zuschauermenge. In einer plakativen Satire erscheinen die Götter als eine Ursache des Blutbades, groteske Widersprüche lassen Schaudern und Lachen zugleich. Letztendlich wird die Wut als Bindeglied zwischen allen Gesellschaftsschichten aufgezeigt.